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Fahrstreifenwechsel – Spurwechsel

Ein Spurwechsel muss stets so vollzogen werden, dass dadurch andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet werden. Dies erfordert die Einhaltung einer erheblich gesteigerten Sorgfalt.

Aus diesem Grunde ist der Fahrstreifenwechsel auch ein klassisches Beispiel für die Anwendung des sog. Beweises des ersten Anscheins. Hinter einem feststehenden oder bewiesenen Spurwechsel in engem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit einem Auffahren tritt beispielsweise der gegen einen Auffahrenden sprechenden Anscheinsbeweis vollkommen zurück.

Kommt es unmittelbar nach einem Spurwechsel zu einem Auffahrunfall, so kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass der fahrspurwechselnde Autofahrer die Sorgfaltspflicht dabei missachtet und dem Auffahrenden keine Chance zum rechtzeitigen Stoppen gegeben hat. Das hat das Amtsgericht München entschieden (Az. 6 U 15/13).

Folgender Sachverhalt liegt hier zugrunde: Ein Autofahrer ist auf der linken Fahrspur gefahren und musste aufgrund einer Fahrbahnverengung auf die rechte Spur wechseln. Das Ganze verlief so schnell und ruckartig, dass ein auf der rechten Fahrspur fahrender Bus dem Pkw aufgefahren ist und einen Blechschaden verursacht hat. Der Pkw-Fahrer behauptete dann, dass der Busfahrer Schuld am Unfall sei, da er ihm hinten reingefahren ist. Er wollte sich den Schaden ersetzen lassen und ist vor Gericht gegangen.

Schuldfrage bei Auffahrunfall nach abruptem Spurwechsel

Dort wurde die Klage des Autofahrers aber abgewiesen. Zwar müsse bei Auffahrunfällen zunächst davon ausgegangen werden, dass der Auffahrende schuld sei, allerdings könne auch der Vorausfahrende selber Schuld am Unfall sein. Das kann nämlich dann der Fall sein, wenn der Beweis erbracht wird, dass der Vorausfahrende die Fahrspur plötzlich gewechselt hat und dem Nachfahrenden somit das Ausweichen oder Stoppen nicht mehr möglich war oder deutlich erschwert wurde. Das Gericht war nach den Aussagen beider Fahrer davon überzeugt, dass der Kläger seine Sorgfaltspflicht verletzt hatte und deswegen für den gesamten Schaden alleine haftbar gemacht werden kann. „Wer die Fahrspur wechselt, muss nach der Straßenverkehrsordnung äußerst sorgfältig agieren, um somit andere Verkehrsteilnehmer nicht zu gefährden“

Streitigkeiten vermeiden

Verkehrsunfälle in Verbindung mit einem behaupteten Fahrspurwechsel sind immer öfters streitig. Sie sollten daher rechtzeitig einen Sachverständigen hinzuziehen, damit sie nicht als Geschädigter auf ihren Schaden sitzen bleiben und den Schaden des Verursachers noch zusätzlich tragen.

Unfallanalytisches Gutachten
Spurwechsel-Unfall: Fahrer trägt volle Verantwortung

Wer nach einem Spurwechsel auf der Autobahn mit einem nachfolgenden Fahrzeug kollidiert, haftet grundsätzlich allein. Das geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm hervor.

Fahrlässiger Spurwechsel

Der sogenannter Anscheinbeweis spreche in diesen Fällen dafür, dass der Fahrspurwechsler unaufmerksam gewesen sei. Das Gericht wies die Schadenersatzklage eines Mannes ab. Der Kläger war der Ansicht, der auffahrende Autofahrer sei schuld, weil er zu schnell gewesen sei.

Gericht erklärt Auffahrenden für unschuldig

Aktenzeichen: 13 U 106/08

Das OLG entschied aber, den Auffahrenden treffe überhaupt keine Schuld. Denn der Kläger habe keinen Nachweis erbracht, dass er seinen Spurwechsel sorgfältig vorgenommen habe.

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Anscheinsbeweis bei eingewendetem Spurwechsel

Der Anscheinsbeweis zu Lasten des Hintermanns kommt jedenfalls dann zur Anwendung, wenn sich auf einer Straße mit mehrspurigen Fahrbahnen ein Auffahrunfall ereignet und – nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme – der behauptete Spurwechsel im relevanten Intervall nicht vollzogen wurde ( OLG Saarbrücken 4 U 68 / 13 ).

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Allgemeines zu verschiedenen Einzelfällen:

 

  • Anfahren vom Fahrbahnrand
  • Reißverschlußverfahren
  • Kreisverkehr
  • Rechtsprechung: Bei einem Zusammenstoß bei oder direkt nach einem Fahrstreifenwechsel spricht der Anscheinsbeweis grundsätzlich gegen den Spurwechsler und führt regelmäßig zu dessen alleiniger Haftung.
  • Mitverursachung eines Auffahrunfalls durch Nichtbefolgen einer Fahrbahnverschwenkung (Haftung 1/4)
  • OLG Hamm v. 24.04.1990:
    Ein Fahrstreifenwechsel ist unzulässig, wenn er derart mit dem Einscheren in eine enge Fahrzeuglücke verbunden ist, daß die Fahrzeugabstände auf dem neuen Fahrstreifen in gefährlicher Weise verkürzt werden. Hierdurch verursachte Auffahrunfälle fallen dem Einscherenden zur Last.
  • LG Freiburg v. 21.05.2012:
    Die Betriebsgefahr des vom Geschädigten geführten Kfz tritt vollständig zurück, wenn der Schädiger die Fahrspur unter Verstoß gegen seine Pflichten aus § 7 Abs. 5 StVO wechselt und es dadurch zu einer Kollision mit dem von hinten kommenden Fahrzeug des Geschädigten kommt. Dies gilt auch dann, wenn sich nicht feststellen lässt, ob der Geschädigte die zulässige Höchstgeschwindigkeit eingehalten hat oder nicht.
  • OLG Saarbrücken v. 19.07.2005:
    Zwar spricht der Anscheinsbeweis gegen den auffahrenden Hintermann. Jedoch ist der Anscheinsbeweis nicht erst dann erschüttert, wenn ein atypischer Unfallverlauf in einer den Anforderungen des § 286 ZPO entsprechenden Weise feststeht. Vielmehr reicht es zur Widerlegung des dem Anscheinsbeweis zugrunde liegenden Erfahrungssatzes aus, wenn aufgrund erwiesener Tatsachen die Möglichkeit besteht, dass sich der Unfall durch einen atypischen Verlauf ereignet haben mag.
  • OLG München v. 22.06.2012:
    Blinkt ein Vorausfahrender auf einer Rechtsabbiegerspur rechts, darf sich der Nachfolgende auf das Anzeigen der Richtungsänderung verlassen. Fährt der Vorausfahrende sodann geradeaus und veranlasst dadurch eine heftige Ausweichbewegung des Nachfolgenden, so haftet der Fahrstreifenwechsler für den Schaden voll.

 Anscheinsbeweis:

  • Der Beweis des ersten Anscheins
  • Fahrstreifenwechsel des Vorausfahrenden und Auffahrunfall
  • OLG Naumburg v. 07.03.2000:
    Steht ein unzulässiger Fahrstreifenwechsel fest, kann der für ein Verschulden des Auffahrenden sprechende Anscheinsbeweis widerlegt und zugleich der Beweis des ersten Anscheins dafür begründet sein, dass der Unfall auf schuldhafter Vernachlässigung der sich aus StVO § 7 Abs 5 ergebenden Sorgfaltspflicht beruht.
  • KG Berlin v. 06.03.2003:
    Ereignet sich ein Unfall in engem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit einem Fahrstreifenwechsel, so spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine Haftung des Spurwechslers. Bleibt der zeitliche und örtliche Zusammenhang jedoch ungeklärt, haften die Unfallbeteiligten jeweils nur aus der Betriebsgefahr hälftig.
  • KG Berlin v. 02.10.2003:
    Nach § 7 Abs. 5 StVO verlangt jeder Fahrstreifenwechsel die Einhaltung äußerster Sorgfalt, so dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Er setzt ausreichende Rückschau voraus und ist rechtzeitig und deutlich durch Fahrtrichtungsanzeiger anzukündigen. Ereignet sich die Kollision zweier Fahrzeuge in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit einem Fahrstreifenwechsel des vorausfahrenden Verkehrsteilnehmers, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass dieser den Unfall unter Verstoß gegen die vorgenannten Pflichten verursacht und verschuldet hat.
  • OLG Naumburg v. 06.06.2008:
    Wechselt ein Verkehrsteilnehmer ohne sorgfältige Rückschau auf nachfolgende Fahrzeuge den Fahrstreifen und gefährdet damit nachfolgende Verkehrsteilnehmer und ereignet sich in einem engen zeitlichen Zusammenhang ein Auffahrunfall, so ist dies auf das riskante Fahrmanöver des Fahrbahnwechslers zurück zu führen. Der Anscheinsbeweis, der grundsätzlich gegen den auffahrenden Hintermann spricht, wird damit ausgeräumt.
  • OLG Karlsruhe v. 24.06.2008:
    Steht fest, dass ein Kfz-Führer auf der Autobahn unmittelbar vor dem Auffahrunfall auf den Fahrstreifen des Auffahrenden gewechselt ist, kommt der Anscheinsbeweis dafür, dass der auffahrende Hintermann den Unfall schuldhaft verursacht hat, nicht zur Anwendung. Hat der den Spurwechsel durchführende Kfz-Führer sich mit einem Abstand von nur 5 m zum Auffahrenden in dessen Sicherheitsabstand hineingedrängelt, spricht der Anscheinsbeweis gegen den Fahrstreifenwechsler.
  • KG Berlin v. 03.07.2008:
    Gegen den nachfolgenden Fahrer spricht der Beweis des ersten Anscheins nur dann, wenn es sich um einen „typischen“ Auffahrunfall mit Teilüberdeckung vom Heck und Front handelt. Ist erwiesen oder sprechen erwiesene Tatsachen dafür, dass der Vorausfahrende erst kurz vor dem Unfall in den Fahrstreifen des Auffahrenden gewechselt hat, wofür insbesondere auch eine Schrägstellung des vorausfahrenden Fahrzeugs und/oder eine „Eckkollision“ spricht, greift ein Anscheinsbeweis gegen den Auffahrenden nicht ein.
  • LG Saarbrücken v. 12.03.2010:
    Wird gegen eine Schutzvorschrift verstoßen, die auf bestimmten Erfahrungen über die Gefährlichkeit einer Handlungsweise beruht, so kann bei einem Schadenseintritt nach erstem Anschein darauf geschlossen werden, dass sich die von ihr bekämpfte Gefahr verwirklicht hat, sofern sich der Schadensfall in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit dem vorschriftswidrigen Verhalten ereignet hat. Jedenfalls wenn es in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Fahrstreifenwechsel eines Fahrzeuges zu einer Kollision mit einem auf der anderen Fahrspur befindlichen Fahrzeug kommt, wird regelmäßig von einem Anscheinsbeweis für einen schuldhaften Verstoß des den Fahrstreifen wechselnden Fahrzeugführers ausgegangen.
  • OLG München v. 11.06.2010:
    Bei einem Verstoß des Fahrers gegen § 7 Abs. 5 bzw. § 9 Abs. 5 StVO besteht ein Anschein für ein Alleinverschulden des Spurwechslers bzw. Wendenden. Da bei derart schwer wiegenden Fahrfehlern eine etwaige Betriebsgefahr des anderen Fahrzeugs zurücktritt, haftet der Fahrer in vollem Umfang für die entstandenen Schäden selbst.
  • KG Berlin v. 13.09.2010:
    Der im Falle des typischen Auffahrunfalls gegen den Auffahrenden sprechende Anscheinsbeweis ist entkräftet, wenn der Vorausfahrende in unmittelbarem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Unfall in den vom Auffahrenden befahrenen Fahrstreifen gewechselt ist; in einem solchen Fall haftet der Fahrstreifenwechsler wegen des für eine Verletzung der Sorgfaltspflichten aus § 7 Abs. 5 StVO sprechenden Anscheinsbeweises allein. Aus dem Schadensbild an den unfallbeteiligten Fahrzeugen kann nichts zu der Frage abgeleitet werden, ob ein Auffahren in unmittelbarem zeitlichem und örtlichem Zusammenhang mit dem unstreitigen Fahrstreifenwechsel des Vorausfahrenden stand.
  • KG Berlin v. 02.05.2011:
    Bei einem Auffahrunfall spricht der Beweis des ersten Anscheins für ein alleiniges Verschulden des Auffahrenden. Dies gilt aber nur dann, wenn ein typischer Geschehensablauf feststeht. Bei einem Auffahrunfall ist ein solcher nur dann anzunehmen, wenn feststeht, dass beide Fahrzeuge so lange in einer Spur hintereinander hergefahren sind, dass sich die Fahrzeugführer auf die jeweiligen Fahrbewegungen hätten einstellen können. Bleibt der Hergang eines Unfalls letztlich ungeklärt, weil es sowohl Anzeichen für einen Auffahrunfall als auch dafür gibt, dass ein Fahrzeug oder beide Fahrzeuge kurz zuvor den Fahrstreifen gewechselt haben, ist der Schaden hälftig zu teilen.
  • OLG Frankfurt am Main v. 28.10.2014:
    Zum Beweis des ersten Anscheins für Verletzung der absoluten Sorgfaltspflicht des § 7 Abs. 5 StVO bei Unfall in zeitlichem und örtlichem Zusammenhang mit einem Fahrstreifenwechsel.
  • OLG Köln v. 22.04.2015:
    Steht eine Kollision – vorliegend aufgrund des Ausscherens eines LKW im Baustellenbereich einer Autobahn von der rechten auf die linke Fahrspur und des Drängens des klägerischen Fahrzeugs gegen die den linken Fahrstreifen begrenzende Schutzeinrichtung – in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit einem Spurwechsel, spricht der Anscheinsbeweis für eine Missachtung der Sorgfaltspflichten, die für den Spurwechsler gelten.
  • LG Kiel v. 07.05.2015:
    Eine seitliche Kollision zweier Fahrzeuge begründet im Fall eines Fahrstreifenwechsels den Anscheinsbeweis des Alleinverschuldens des Wechslers. – Dies gilt jedoch nicht, wenn sich ein Fahrstreifen in größerer Entfernung vor einer Kreuzung in zwei Fahrstreifen aufteilt und beide breit genug für das Nebeneinanderfahren zweier Fahrzeug sind.


Haftungsabwägung:

  • Haftungsabwägung beim sog. doppelten Überholen (50:50)
  • KG Berlin v. 07.06.1990:
    Ein Kraftfahrer, der mit einer Geschwindigkeit von 70-90 km/h auf einen auf seinem Fahrstreifen liegengebliebenen Sattelzug zufährt und 50 m vor einem sich auf dem Überholfahrstreifen mit 150 km/h nähernden Kraftfahrzeug nach links ausschert, haftet für den hierdurch verursachten Auffahrunfall allein.
  • KG Berlin v. 30.05.2005:
    Im Falle eines Fahrstreifenwechsels (§ 7 Abs. 5 StVO) kommt eine Mithaftung des Unfallgegners nur dann in Betracht, wenn der Fahrstreifenwechsler Umstände nachweist, die ein Mitverschulden des Unfallgegners belegen.
  • KG Berlin v. 21.11.2005:
    Bleibt der Unfallhergang ungeklärt, so ist die von beiden Parteien jeweils zugestandene Fahrweise zugrunde zu legen. Bleibt bei einem Auffahrunfall ungeklärt, ob sich der Unfall in unmittelbarem zeitlichem und örtlichem Zusammenhang mit einem – unstreitigen – Fahrstreifenwechsel des angestoßenen Fahrzeugs ereignet hat, ist der Schaden hälftig zu teilen.
  • OLG Brandenburg v. 21.06.2007:
    Bei einem Unfall im örtlichen und zeitlichen unmittelbaren Zusammenhang mit einem Fahrstreifenwechsel spricht bereits ein Anscheinsbeweis für ein Verschulden des Fahrstreifenwechslers. Die Einhaltung der äußersten Sorgfalt nach § 7 Abs. 5 StVO setzt voraus, dass der Kraftfahrer vor dem Fahrstreifenwechsel nach links in den Innen- und Außenspiegel blickt, sich nach links umsieht und rechtzeitig den Fahrtrichtungsanzeiger betätigt.
  • OLG Stuttgart v. 14.04.2010:
    Üblicherweise beträgt die Haftungsverteilung bei einem durch einen Fahrspurwechsel im sog. Reißverschlussverfahren verursachten Unfall 1:1. Von dieser Quote kann allerdings dann erheblich abgewichen werden, wenn derjenige, dem an sich nach den Grundsätzen des Reißverschlussverfahrens das Vorrecht auf dem durchgehenden Fahrstreifen zustehen würde, mit erheblich überhöhter Geschwindigkeit fährt (hier: 160 km/h statt zugelassener 100 km/h auf der Autobahn).


Kollision zwischen Fahrstreifenwechsler nach rechts und vom Fahrbahnrand Anfahrendem:

  • KG Berlin v. 04.01.2006:
    Der vom Fahrbahnrand oder aus einer Parklücke Anfahrende darf nicht darauf vertrauen, dass der rechte Fahrstreifen frei bleibt, sondern muss stets mit einem Fahrstreifenwechsel eines Teilnehmers des fließenden Verkehrs rechnen. Kommt es in unmittelbarem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Anfahren vom Fahrbahnrand zu einer Kollision mit einem Fahrzeug des fließenden Verkehrs, das nach rechts den Fahrstreifen wechselt, ohne den Anfahrenden rechtzeitig erkennen zu können, so haftet der Anfahrende allein; denn der Schutzzweck des § 7 Abs. 5 StVO dient nicht dem ruhenden Verkehr oder dem Schutz vom Fahrbahnrand anfahrender Verkehrsteilnehmer.
  • KG Berlin v. 12.08.2010:
    Wer vom Fahrbahnrand anfährt, hat sich nach § 10 StVO so zu verhalten, dass eine Gefährdung des fließenden Verkehrs ausgeschlossen ist. Kann der vom Fahrbahnrand Anfahrende wegen eines im rechten Fahrstreifen stehenden Pkw nicht übersehen, dass er den fließenden Verkehr nicht gefährdet, so darf er sich vorsichtig auf die Fahrbahn hineintasten bis er die Übersicht hat. Kollidiert ein vom Fahrbahnrand anfahrendes Fahrzeug , dem ein im rechten Fahrstreifen befindlicher Pkw durch sein Anhalten das Anfahren ermöglicht hat, mit einem Fahrzeug des fließenden Verkehrs, das den im rechten Fahrstreifen stehenden Pkw links überholt hat, so haftet der Anfahrende allein, selbst wenn der Überholer dann wieder nach rechts eingeschert ist.
  • OLG München v. 17.12.2010:
    Wechselt ein Kfz-Führer von links nach rechts den Fahrstreifen vor einem Linienbus, der bereits vom Fahrbahnrand angefahren war und kann er den gegen ihn als Spurwechsler sprechenden Anscheinsbeweis nicht widerlegen, so führt dies zu seiner Alleinhaftung für sämtlichen Schaden aus dem Unfallereignis.


Kollision zwischen Wartepflichtigem und vorfahrtberechtigtem Fahrstreifenwechsler nach rechts:

  • LG Hamburg v. 14.11.2003:
    Liegen keine besonderen Umstände vor, muss ein wartepflichtiger Kfz-Führer beim Einfahren auf den rechten – bis dahin freien- Fahrstreifen der Vorfahrtstraße nicht damit rechnen, dass ein vorfahrtberechtigter Kfz-Führer noch vor dem Ende der Kreuzung seinen Fahrstreifen nach rechts auf den bis dahin freien Fahrstreifen wechselt (Haftungsquote 50:50).


Spurwechsel und Abbremsen zum Zweck des Wendens:

  • OLG München v. 25.07.2008:
    Reagiert ein Fahrer eines Kraftfahrzeuges auf den für ihn erkennbaren Bremsvorgang eines anderen Fahrzeugs zu spät, worauf es zur Kollision der Fahrzeuge kommt, so ist von einer Mithaftung von 50% auszugehen; eine derartige Mithaftungsquote ist angemessen, wenn der vorausfahrende Fahrer nach einem verkehrsfehlerhaften Fahrspurwechsel auf die linke Fahrspur den Wendevorgang durch einen Mittelstreifendurchbruch einleitet und dann abbremst, ohne sich über einen Blick nach hinten darüber zu vergewissern, ob eine Gefährdung des rückwärtigen Verkehrs ausgeschlossen ist.


Spurwechsel und Abbremsen zum Zweck des Wendens:

  • OLG Stuttgart v. 07.04.2010:
    Hat ein schnellerer Fahrzeugführer den Wagen des Geschädigten überholt und sich mit einem Fahrstreifenwechsel in die vor diesem befindliche Lücke gedrängt und musste er dann wegen seiner höheren Geschwindigkeit sein Fahrzeug abrupt ausbremsen, worauf hin der Geschädigte aufgefahren ist, dann haftet er für den Schaden des Auffahrenden in voller Höhe.


Spurwechsel eines Polizeieinsatzfahrzeuges:

  • KG Berlin v. 01.09.2010:
    Ein Sorgfaltspflichtverstoß des Fahrers eines im hoheitlichen Einsatz befindlichen Polizeifahrzeugs liegt nicht in einem Verstoß gegen die besonderen Sorgfaltspflichten, die § 7 Abs. 5 StVO dem Fahrstreifenwechsler auferlegt, vor. Denn dieser ist gemäß § 35 Abs. 1 StVO von den Vorschriften dieser Verordnung befreit. Insofern spricht gegen den Fahrer des Polizeifahrzeugs auch nicht der Beweis des ersten Anscheins.

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